Am 05. Januar 2019 hatte ich die Aufgabe, die Jazz-Band FouFou bei Aufnahmen im Tonstudio, also mit Blitzlicht in kleinen Räumen, dokumentarisch zu fotografieren. Der Bassist der Band, Claas-Henning Dörries, hatte mich nämlich gewarnt: „Das Licht im Studio ist eher dunkel“. Bei den Vorbereitungen für diesen Auftrag war mir daher klar, vermutlich mit Kunstlicht (sprich: Blitzlicht) arbeiten zu müssen. Lampenstative, Lichtboxen, Durchlichtschirme und Aufheller benötigen jedoch Platz, der wie ich vor Ort feststellen musste, nicht vorhanden war. Die Räume des Tonstudios waren extrem klein und außerdem vollgepackt mit Tontechnik. Kunstlicht in derart beengten Verhältnissen einzusetzen kann dann eine echte Herausforderung werden. Man muss sich extrem bescheiden.
Aufgabe
Meine Aufgabe sollte es sein, die Studioarbeit der Band FouFou fotografisch zu dokumentieren. Die Fotos sind dazu gedacht, die Band bei Internetauftritten und in sozialen Medien zu repräsentieren. Die aufzunehmenden Fotos sollten jedoch auch technisch eine hohe Qualität aufweisen, um in Printmedien verwendet werden zu können.
Zwar sollten keine Kunst- oder Coverfotos gemacht werden, eine ästhetische Umsetzung der Aufgabe war aber natürlich dennoch gefordert.
Weil Studiomieten teuer und Fotos für eine Band zwar wichtig, letztlich aber zweitrangig sind, wurde ein Zeitbudget von 1,5 Stunden festgelegt. In dieser Zeit mussten alle Fotos geschossen werden. Dazu muss man wissen, dass in dieser Zeit keine Tonaufnahmen erfolgen können. Die Geräusche der Kamera, allein durch den Spiegelschlag, sowie dies Piepsen der Blitzköpfe, würden jede Tonaufnahme unbrauchbar machen.
Aufnahmesituation
Aufnahmeort für Ton und Bild war das Studio C der fattoria musica bei Osnabrück. Weil alle Instrumente akustisch aufgenommen werden, nutzten die Musiker unterschiedliche Räume, um ihre Instrumente zu spielen. Anders lassen sich die unterschiedlichen Instrumente mit ihren individuellen Lautstärken nicht aufnehmen. Pianist und Bassist teilten sich einen Raum. Das war möglich, weil der Bass über Lautsprecherboxen in einem separaten Raum ausgegeben und via Mikrofon aufgezeichnet wurde. Die folgende Skizze zeigt die Raumanordnung und die Aufstellung der Instrumente. Um sie herum waren reichlich Mikrofonständer und anderes Gerät platziert..
Am Aufnahmetag herrschte Regenwetter. Durch das kleine „Butzenfenster“ im Aufnahmeraum drang also nur wenig Licht. Möglicherweise hätte es gereicht, entsprechend hohe ISO-Zahlen vorausgesetzt, annehmbare Fotos zu machen. Dazu hätten sich die Musiker jedoch frei in der Nähe des Fensters positionieren müssen. Wie auf der obigen Skizze leicht zu erkennen ist, war eine solche Ausrichtung auf das Licht nicht möglich. Welche Ideen auch immer man hätte entwickeln können, um mit natürlichem Licht zu arbeiten, keine hätte wirklich gut funktioniert. – Kunstlicht musste her.
Blitzlicht in kleinen Räumen, wie denen des Aufnahmestudios einzusetzen ist jedoch nicht ganz einfach. Es gibt nur wenige Positionen, an denen man Lampenstative, Aufheller usw. aufstellen kann. Die Tontechnik darf nicht verändert oder verrückt werden. Das würde die, nach der Fotosession fortzusetzenden Tonaufnahmen behindern, weil alles neu hätte eingemessen werden müssen.
Vorgehensweise – Blitzlicht in kleinen Räumen
Um die budgetierte Zeit umfänglich für Fotoaufnahmen nutzen zu können, habe ich die verspätete Mittagspause der Musiker genutzt, um meine Lichttechnik aufzubauen, einzumessen und die notwendigen Kamera-Grundeinstellungen vorzunehmen.
Um den verfügbaren Raum optimal nutzen zu können, zwischen den Fotos keine Umbauten vornehmen zu müssen und auch noch (zumindest) ein wenig Platz zum Fotografieren zu haben, habe ich in beiden Räumen jeweils nur eine Lichtquelle aufgebaut. Diese bestand aus jeweils einem Lampenstativ mit einem Nikon Aufsteckblitz SB-900 und einem Durchlichtschirm. In Raum 1, habe ich das Stativ so positioniert, die Lichtrichtung durch drehen des Blitzkopfes leicht variieren zu können. So konnte ich sowohl den Pianisten als auch den Bassisten ausleuchten, ohne umbauen zu müssen. Der Blitz in Raum 2 für den Schlagzeiger, brauchte ich während der Aufnahmen nicht bewegen.
Die Position des Blitzes in Raum 1 musste, weil kein zweiter Blitz Platz gefunden hätte so sein, dass der Abstand zwischen Blitz und zu fotografierender Person immer gleich ist. Pianist und Bassist mussten also den gleichen Abstand zum Blitz haben. Jeder weiß: Eine Verdoppelung des Abstandes verringert das Licht um ein Viertel, Stichwort: Lichtabfall.
Die Durchlichtschirme sorgen für ein angenehm weiches Licht. Die Reflexion der Glastrennscheibe bzw. der Wände und des aufgestellten Flügeldeckels besorgten den Rest.
Die Blitze wurden auf manuellen Betrieb gestellt und per Funkauslöser ausgelöst. Zur Einmesssung habe ich einen Gossen Starlite 2 Belichtungsmesser verwendet. Eingemessen habe ich auf ISO 320 bei Blende 8 und 1/125 Sekunde. Diese Einstellungen wurden auf meine Kamera, eine Nikon D5, die ebenfalls im manuellen Modus betrieben wurde, übertragen. Diese Einstellungen gaben mir hinreichend Spielraum, während der Aufnahmen auch unterschiedliche Blenden für die Gestaltung der Tiefenschärfe zu verwenden. Das setzt natürlich die gleichzeitige Modifikation von Belichtungszeit und/oder ISO, bei Beachtung der Restriktion, nicht kürzer als 1/250 Sekunde zu belichten, voraus, um die Belichtung konstant zu halten. Das sollte jedoch für keinen Fotografen problematisch sein.
So vorbereitet, konnte ich alle Aufnahmen ohne Umbauten machen. Lediglich den Blitz in Raum 1 habe ich zwischen den Aufnahmen vom Pianisten beziehungsweise dem Bassisten schwenken müssen.
Nach erfolgten Aufnahmen, habe ich diese den Bandmitgliedern gezeigt, um noch eventuell offene Wünsche berücksichtigen zu können. Das Zeitbudget war noch nicht aufgebraucht, wir hatten noch etwa eine halbe Stunde Zeit. Mit den gezeigten, natürlich noch unbearbeiteten Bildern, waren Musiker zufrieden. Sie wünschten sich spontan jedoch noch ein Gruppenbild.
In den Räumlichkeiten des Studios sollte dieses Gruppenbild jedoch nicht aufgenommen werden. Die bescheidenen Möglichkeiten wurden bereits von zu vielen Bands ausgeschöpft, die ebenfalls in diesem Studio Fotoaufnahmen gemacht haben. Also sind wir kurzerhand in den Gemeinschaftsraum von fattoria musica gezogen, ein Lampenstativ in der Hand und meine Kamera über die Schulter gehängt. Dort ganz schnell wieder das Licht eingemessen und ein Gruppenbild gemacht. Ok, es waren mehrere Bilder mit unterschiedlichen Posings.
Hier ein paar Beispielfotos:
Fazit
Nach 1,5 Stunden hatte ich 94 Aufnahmen gemacht. Manche finde ich gut, mit einigen bin ich weniger glücklich. Das liegt aber weniger daran, mit Blitzlicht in kleinen Räumen arbeiten und wenig Spielraum für ausgefeilte Lichtführung gehabt zu haben, es lag vielmehr daran, meine Aufnahmeposition nur minimal variieren zu können. Die Tonaufnahmetechnik ließ mir nur wenige Alternativen, um mich selbst als Fotograf positionieren und einen geeigneten Aufnahmestandpunkt mit interessanten Perspektiven und Bildgestaltungsmöglichkeiten nutzen zu können. Das galt insbesondere für Aufnahmen vom Schlagzeuger. – Leider.
Nun ist so ein Tonstudio auch nicht die Carnegie Hall, die natürlich sehr viel spektakulärere Fotos erlaubt hätte. Allein die Architektur wäre ein Hingucker. Unter den gegebenen Umständen bin ich aber dennoch zufrieden. – Vor allem deshalb, weil die Band zufrieden ist!
Blitzlicht in kleinen Räumen ist aufgrund der fehlenden Alternativen zur Gestaltung der Lichtführung nicht ganz einfach einzusetzen. Insbesondere muss es so positioniert und mit Durchlichtschirmen oder Softboxen gesoftet werden, dass eklige Blitzschatten vermieden werden. Für mehrere Lichtquellen war im konkreten Fall kein Platz. Auf der anderen Seite machen die fehlenden Alternativen die Entscheidungen einfacher. Gerade bei gleichzeitigen Zeitrestriktionen ist es wichtig, ein Licht-Setting zu finden, welches flexibel genutzt werden kann, wie beispielsweise das Drehen des Blitzkopfes. – Ein wenig Überlegung und der Job lässt sich meistern!
Karsten Brodmann